2. Booster für Alle? Das könnte ein Fehler sein …

Covid-19-Impfung

Nun hat er es “wieder getan”: Bundesgesundheitsminister Lauterbach twitterte und äußerte sich in einer Pressekonferenz zum “zweiten Covid-Booster für Alle”. Dies leider, einmal mehr, ohne hier belastbare Daten zu liefern, die eine Forderung zur vierten Impfung in der breiten Bevölkerung rechtfertigen könnten.
So bleibt er fast auf “Schwurbler-Niveau”, wenn er dieser Impfung nachsagt, sie verringere das Infektionsrisiko für ein paar Monate deutlich und das Risiko, an Long Covid zu erkranken, sei deutlich geringer. Nichts von diesen Behauptungen kann wissenschaftlich fundiert belegt werden und entfleucht offensichtlich allein den undurchschaubaren Gedanken unserer obersten Gesundheitshüters.

Belegt ist die Wirksamkeit eines zweiten Covid-Boosters derzeit ausschließlich bei über 60-Jährigen. Nach israelischen Daten können so schwere Covid-Infektionen und Krankehausaufnahmen um bis zu 70% und Todesfälle um bis zu rund 80% reduziert werden [1]. Bei Jüngeren bleibt uns die Wissenschaft einen solchen Nachweis bislang schuldig. Dagegen konnte bei der Gruppe der etwas jüngeren, immunkompetenten Menschen ab 50 Jahren sogar viele Monate nach der Boosterimpfung noch eine 80-90%ige Wirksamkeit gegen schwere Verläufe einer Covid-Infektion gezeigt werden [2]

“Es kann ja nicht schaden!” – diesen Satz hört man im Rahmen der Empfehlung weiterer Boosterimpfung mit den verfügbaren Impfstoffen in letzter Zeit gehäuft. Doch stimmt das wirklich. Gerade erst im April warnte das Editorial im renommierten New Englang Jounral of Medicine vor der “Antigen-Erbsünde” im Zusammenhang mit stetiger Fortsetzung von Boosterungen mit der Fokussierung auf ein und dasselbe Antigen (wir impfen immer noch mit Ausrichtung auf das ursprüngliche Oberflächenprotein) [3]. Die “Antigen-Erbsünde” (original antigenic sin) beschreibt in der Immunologie die Tatsache, dass der menschliche Organismus Antikörper nur gegen Oberflächenmerkmale herstellt, die der ursprüngliche Virusstamm mit den nachfolgenden Varianten gemeinsam hat – auch wenn diese hoch immunogene, andere Merkmale trägt. BionTech selbst hat im Rahmen einer Studie auf eine solchen Antigenprägung hingewiesen [4]: mit dem Ursprungsimpfstoff Comirnaty mehrfach Immunisierte entwickelten trotz Durchbruchsinfektion mit der Omikron-Variante keine Omikron-spezifischen B-Zellen. Dagegen, so die Hypothese, werden vorrangig weiter kräftig Antikörper gegen das ursprüngliche Spike-Protein produzert, das auf der Oberfläche der neuen Varianten eben auch vorkommt.

Gerade aus diesen Gründen könnte es für die jüngere/immunkompetente Gesellschaft nicht nur sinnvoller, sondern möglicherweise auch sicherer sein, auf einen 2. Covid-Booster mit den derzeitig verfügbaren Covid-Impfstoffen zu verzichten und besser auf einen an die Omikronvarianten angepassten Impfstoff zu warten!

Quellen:
[1] Arzneitelegramm: COVID-19-IMPFUNG: NEUES ZUR ZWEITEN BOOSTERDOSIS. arznei-telegramm 2022 (53); 5:33-35
[2] LINK-GELLES, R. (CDC): Diapräsentation vom 6. Apr. 2022; https://a-turl.de/vceg
[3] Offit PA: Covid-19 Boosters — Where from Here? N Engl J Med 2022; 386:1661-1662
[4] Reynolds CJ et al: Heterologous infection and vaccination shapes immunity against SARS-CoV-2 variants. SCIENCE, Vol 375, Issue 6577, pp. 183-192
Bild: Maksim Goncharenok/pexels.com

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