Kommentar zum Artikel "Gehen die Deutschen zu oft zum Arzt" (FN vom 26.7.2025)
Wenn Arzt-Patienten-Kontakte reduziert werden sollen, gibt es dafür einen Weg: Abschaffen des unsäglichen Bürokratismus von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen (AU) bei kurzfristigen und banalen Erkrankungen (Kopfschmerzen, grippaler Infekt, Durchfall, etc.). Sie basieren in der Regel auf Befindensäußerungen der Erkrankten, die sich durch eine ärztliche Expertise nicht objektivieren lassen.
Unzählige Arbeitgeber fordern gar ab dem ersten Tag ärztliche Atteste. Stunden knapper Ressourcen ärztlicher Zeit werden dafür vergeudet. In unserer allgemeinmedizinischen Praxis werden wöchentlich im Schnitt mehr als 100 AU ausgestellt – der weit größte Teil für Erkrankungen, die keinerlei ärztlicher Untersuchung oder Behandlung bedürfen. Über den Zeitraum einer Woche bindet diese etwa 6-8 Stunden Arztzeit- ein Sprechstundentag in Vollzeit! Der Zeitansatz wäre noch höher, bestünde keine Möglichkeit zur telefonischen Ausstellung.
Andere europäische Länder praktizieren anders. In Schweden und Großbritannien sind Atteste erst ab dem achten Tag der Erkrankung erforderlich, in Dänemark gar nur bei Anmeldung von Zweifeln durch den Arbeitgeber. Im Vergleich der durchschnittlich wöchentlich verlorenen Arbeitszeit durch Krankheit (Zahlen nach der European Labour Force Survey und der OECD) zeigt sich, dass eine Ausweitung der Möglichkeit zur “Krankmeldung ohne Arztkontakt” nicht automatisch zur Explosion der Ausfalltage von Arbeitnehmern führen muss. Großbritannien liegt hier bei 3%, Dänemark bei ca. 4%, Schweden zieht mit 6,8% mit Deutschland gleich.
Verschwenden wir nicht länger knappe Ressourcen, sondern schaffen mehr Zeit für Kranke!
Beitragsbild: KI-generiert